Vollautomatische ✔️ Herstellung eines Kunststoffhybridbauteils
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Zur vollautomatischen Herstellung von #Hybridbauteilen, bei denen Metalleinlegeteile mit Kunststoff umspritzt werden, bedarf es inzwischen tiefgreifendem Knowhow und Erfahrung, die weit über die Bauteilhandhabung hinausgehen.
Bis vom Bereitstellen der Einlegeteile als Stanzband am Ende der Gesamtanlage fertige, geprüfte, markierte und dokumentierte Hybridkunststoffteile in palettierten Kundenverpackungen herauskommen, muss ein anspruchsvoller Gesamtprozess automatisiert werden.
Im konkreten Fall fertigt die KE Elektronik am Hauptsitz in Kressberg ein Hybridbauteil, welches als Teil der elektronischen Steuerung in einer Getriebeapplikation im Automobil zum Einsatz kommt. Die KE Elektronik beschäftigt weltweit mehr als 3250 Mitarbeiter und ist Tochter der amerikanischen Amphenol Corporation, einem weltweit führenden Hersteller von Steckverbindern. Durch diese Konstellation bietet KE Elektronik die Kreativität und Flexibilität eines Mittelständischen Unternehmens, ohne dabei auf die Wachstumschancen eines weltweit agierenden Konzerns verzichten zu müssen. Neben der Kunststofftechnik liegen die Kernkompetenzen in der Leitungsbearbeitung sowie Aufbau- und Verbindungstechnik. KE Elektronik beliefert direkt die führenden Tier1-Zulieferer für Elektrik und Elektronik aus dem Märkten Automotive und Luftfahrt, deren Systeme weltweit an nahezu alle Fahrzeug- und Flugzeughersteller geliefert werden.
Entwickelt und realisiert wurde die Automation als Turnkey-System von der EGS Automatisierungstechnik GmbH aus Donaueschingen mit der Erfahrung von mehr als 1400 installierten Industrierobotern bis zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme der Anlage in 2017.
Umspritzt wird ein Kontaktsatz, bestehend aus acht Pins, die vor dem Spritzgießvorgang noch mittels eines Verbindungssteges auf Abstand und Position gehalten werden. Dieser Kontaktsatz wird vom Coil abgewickelt, von einer Stanze gebogen, ausgestanzt und im Stanzwerkzeug zur Abholung bereitgestellt. Abgeholt werden die Stanzteile von einem Epson Scara-Roboter LS6, mit einer Reichweite von 600mm und 6kg Traglast. Um die filigranen und empfindlichen Teile wiederholgenau und prozesssicher zu entnehmen und weiterzuverarbeiten, ist der Roboter mit einem werkstückspezifischen Greifwerkzeug ausgerüstet.
Da das Spritzgießwerkzeug vier Kavitäten besitzt, ist zunächst die Bereitstellung von vier Einlegeteilen im Kavitätenabstand erforderlich. Aus Qualitätsgründen ist vor dem Umspritzen das Reinigen der Kontaktsätze erforderlich. Dies geschieht mittels verwirbelter, ionisierter Luft, in der die Kontaktsätze von Verunreinigungen, insbesondere von Stanzflitter, befreit werden. Der Scara-Roboter hält die Kontaktsätze nach dem Abholen aus dem Stanzwerkzeug zunächst in den Reinigungsluftstrom, bevor er sie nacheinander auf eine vierfach-Bereitstellungsstation setzt, wo sie bereits im richtigen Kavitätenabstand des Spritzgießwerkzeuges bereitgestellt werden.
Von dort werden sie vom Hauptroboter, einem Yaskawa MH24 Sechsachser mit 24kg Traglast und 1730mm Reichweite, abgeholt. Dieser ist mit einem speziellen Doppel-vierfach-Greifwerkzeug ausgerüstet. Auf jeder Funktionsseite des Greifwerkzeuges sind vier Greifelemente –ebenfalls im Kavitätenabstand- angeordnet, ein Quartett für die Einlegeteile, das zweite für die Fertigteile. Wenn der aktuelle Spritzgießzyklus beendet ist und die Spritzgießmaschine (SGM) das Werkzeug geöffnet hat, fährt der Hauptroboter in das Werkzeug, entnimmt zunächst die vier Fertigteile, um danach die vier vorbereiteten Kontaktsätze einzulegen. Dabei wird der Greifer über Zentrierbolzen, die am Werkzeug andocken, zentriert und somit die erforderliche Einlegegenauigkeit sichergestellt. Die Einlegeteile werden in der SGM mit elektrischen Kernzügen auf Position gehalten, die dann beim Einspritzen des Kunststoffes in das Werkzeug zurückgefahren werden.
Mit den gespritzten Teilen im Greifwerkzeug fährt der Roboter aus dem Werkzeug und legt sie auf eine weitere Stanzeinheit ab, in der dann mit einem Hub die Verbindungsstege der vier Teile, die die Kontaktsätze vor dem Umspritzen auf Position gehalten haben, abgetrennt werden.
Die nachfolgenden Prozessschritte erfolgen wieder für jedes Fertigteil einzeln, so dass dafür nur ein Viertel der Gesamtzykluszeit der Anlagezur Verfügung steht. Daher werden die nachfolgenden Prozessschritte auf einem Rundtakttisch mit mehreren Stationen abgearbeitet. Von der Verbindungsstegstanze werden die Teile von einem kleinen Sechsachsroboter, einem Yaskawa MH5LSII mit 5kg Traglast und 895mm Reichweite, einzeln abgeholt und in eine Wendeeinheit eingesetzt, die sie gewendet in die erste Station des Rundtaktisches einlegt.
In der zweiten Station durchläuft das Teil eine kombinierte Isolations- und Durchgangsprüfung. Mittels Hochspannung wird geprüft, ob es zwischen den einzelnen Kontaktbahnen keinen Kurzschluss gibt. In einer Widerstandsprüfung wird die elektrische Leitfähigkeit der einzelnen Leiterbahnen sichergestellt. In der dritten Station werden die Positionen und Ausrichtungen der herausstehenden Pins der Leiterbahnen geprüft. Die Pins ragen 7,5mm aus dem Bauteil heraus. Mittels einer optischen Taumelkreisprüfung durch ein hochpräzises optisches Messsystem wird auf eine Genauigkeit von +/-0,2mm geprüft. In der vierten Station erfolgt die Kennzeichnung der Bauteile mittels Laser. Nur Teile, die die vorherigen beiden Prüfungen bestanden haben, werden mit einem DataMatrix-Code (DMC) versehen. Teile mit negativem Prüfergebnis erhalten keine Kennzeichnung. Die Markierung wird durch Farbumschlag am Material durch die Hitze des Laserstrahls erzeugt. Ein entsprechendes Sicherheitsschott schirmt den Laser von der Außenwelt ab, während er das Teil markiert. Der aufgebrachte DMC enthält eine Seriennummer, aus der im internen MES (Manufacturing Execution System) Daten wie Spritzparameter, Stanzbandcharge, Materialcharge sowie die Ergebnisse der vorangegangenen Prüfungen ermittelt werden können. In der fünften Station wird der zuvor aufgebrachte DataMatrix-Code mittels eines Kamerasystems gegengelesen, die Lesbarkeit klassifiziert und die korrekte Position des Codes auf dem Bauteil kontrolliert.
Aus der sechsten Station entnimmt ein weiterer kleiner Sechsachsroboter, ebenfalls ein Yaskawa MH5LSII, die fertigen Bauteile. Teile, die eine der Prüfungen nicht bestanden haben, werden in eine spezielle niO-Ablage gelegt, Gutteile werden nochmals mittels verwirbelter, ionisierter Luft gereinigt und danach in die Kundenverpackungen abgelegt. Dabei handelt es sich um stapelfähige Werkstückträger aus tiefgezogenem Kunststoff im Format 400x600mm. Wenn der Anlagenbediener ein SPC-Teil (Statistical Process Control) angefordert hat, gibt der Roboter ein Gutteil über eine spezielle SPC-Ausgabe aus.
Die Kundenverpackungen mit den Fertigteilen werden in einem SUMO Ecoplex2 Palettiersystem aus der Standard-Automations-Familie von EGS palettiert. Das System ist in der Variante mit Bändern ausgeführt, was einer Autonomie von fünf Werkstückträgerstapeln, mit jeweils 21 Werkstückträgern entspricht, von denen jeder 32 Teile fasst. Zeitlich bedeutet das eine Fertigteilautonomie von fast fünf Stunden. In diesen Kundenverpackungen werden die Bauteile zunächst in andere Standorte von KE Elektronik zur Weiterverarbeitung verschickt. Hier werden in weiteren Schritten noch Kabel angeschweißt bzw. angelötet, die Litzenführungen montiert, die Bauteile heißverstemmt und ein Spanschutz montiert, bevor sie an den Kunden geliefert werden.
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