Verkettete 🔗 Magnesiumbearbeitung mit Roboter & Palettiersystem zuverlässig automatisiert
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Verkettung von zwei Bearbeitungszentren und Laserkennzeichnung der Werkstücke zwölf Stunden auonom ohne Bedienereingriff
Magnesium ist das Leichtbaumetall mit der niedrigsten Dichte, die bei rund einem Viertel der Dichte von Stahl und rund 35% unter der von Aluminium liegt. Wenn man in der Fachliteratur nachschlägt, erfährt man, dass niedrige Zerspankräfte bei der Bearbeitung charakteristisch sind, was wiederum einen geringen Werkzeugverschleiß zur Folge hat. Abgebildet auf die Automation eines Zerspanungsprozesses bedeutet das sehr hohe Anforderungen an die Zuverlässigkeit und technische Verfügbarkeit der Automation sowie an die Werkstückautonomie. Auf den Punkt gebracht: Die Anlage muss lange zuverlässig und ohne Störung laufen und dabei einen großen Werkstückpuffer für Roh- und Fertigteile bieten, der einerseits jederzeit nachgefüllt und entleert werden kann, aber auch ausreichend Kapazität bieten muss um ohne Bedienereingriff eine Nacht oder ein Wochenende durchzulaufen. Im konkreten Fall erfolgt die Bearbeitung der beiden Werkstückseiten nacheinander auf zwei Maschinen, auf dem ersten Bearbeitungszentrum vierfach, auf der zweiten Maschine einzeln. Gleichzeitig soll der Bearbeitungsraum der Maschinen für Rüstvorgänge und Anlaufteile händisch zugänglich sein. Als Zusatzprozess soll die Kennzeichnung der Werkstücke nach erfolgter Bearbeitung mit einem Data Matrix Code in den Automatisierungsablauf integriert werden.
Die Firma Schwab CNC Metallbearbeitung fertigt seit dem Jahr 2010 hochqualitative Fräs- und Drehteile für diverse Branchen. Bei dem Werkstück "Actuator Housing" handelt es sich um ein Gehäusebauteil aus Magnesium für Lenkgetriebe von Kraftfahrzeugen, das bereits seit längerer Zeit im Hause Schwab bearbeitet wird. Eine kräftige Stückzahlerhöhung der Abrufe, die eine Jahresausbringung von bis zu 250.000 Teilen erfordern, war der wesentliche Grund für eine Automatisierung der Bearbeitung der Teile. Da das Unternehmen auch mit dem Fachkräftemangel zu kämpfen hat, werden die Mitarbeiter, die bisher den Prozess händisch bedient haben, für andere Tätigkeiten frei, wo sie dringend gebraucht werden.
Ausgangspunkt für den Automatisierungsprozess war ein vorhandenes Bearbeitungszentrum Brother Speedio S1000, in dem eine Seite der Werkstücke in eine 4fach-Aufspannung bearbeitet werden. Die vorhandene Spannvorrichtung, in die die Bauteile bisher händisch eingelegt wurden, sollte mit möglichst wenigen Modifikationen automatisch bestückt werden. Die Bearbeitungszeit und der Werkstückwechsel liegen in Summe bei circa sechs Minuten für vier Teile, was auch die taktzeitbestimmende Vorgabe für die Automation war. An der Maschine wurde eine seitliche Beladeluke nachgerüstet, die sowohl in den Sicherheitskreis der Maschine als auch in den Sicherheitskreis der Roboterzelle eingebunden wurde. Bei der Auswahl des passenden Roboters spielte die erforderliche Reichweite eine entscheidende Rolle. Um alle Positionen auf der Vorrichtung zu erreichen, muss der Roboter relativ weit in die Maschine eintauchen.
Die zweite wichtige Vorgabe war die Autonomie der Automationsanlage. Die Anlage sollte möglichst 12 Fertigungsstunden autonom fertigen können. Dafür muss eine Speicherkapazität für 480 Rohteile und 480 Fertigteile vorhanden sein. Die Bauteilabmessung des geometrisch komplexen Werkstücks betragen grob 145x135x50mm, das Gewicht liegt bei rund 200 Gramm. Für diese voluminöse Teilebevorratung und Bereitstellung wurde der SUMO Ecoplex2 von EGS eingesetzt. Es handelt sich dabei um ein Palettiersystem für Werkstückträger bis zu einer Größe von 600x400mm. Die Werkstückträger werden gestapelt bevorratet, depalettiert dem Roboter zur Teileentnahme zur Verfügung gestellt und nach Befüllung mit Fertigteilen zurück palettiert. In der verwendeten speziellen Ausführung mit Zu- und Abführbändern beträgt die Kapazität sechs Werkstückträgerstapel für Roh- und Fertigteile. Diese große Autonomie ist durch eine spezielle, verstärkte Bandausführung möglich. Als Werkstückträger wurden handelsübliche, automatisierungsgerechte und stapelfähige Kunststoffbehälter ausgewählt. Die werkstückspezifischen Inlays, in denen die Bauteile exakt positioniert aufgenommen werden, wurden von EGS konstruiert und von Schwab mit den eigenen Fertigungskapazitäten hergestellt. Die richtige Gestaltung von Werkstückträgern ist für die Zuverlässigkeit der späteren Automation elementar und gehört daher in die Verantwortung eines Spezialisten.
Eine ebenfalls wichtige Kernkomponente ist die Greiftechnik. Beim Engineering und der Fertigung der eigentlichen Greiferfinger, sowie der geometrisch optimalen Positionierung der Greifmodule an der Roboterhand im Hinblick auf genaue Positionierung, sicheren Griff und optimale Zugänglichkeit in allen Greifpositionen kommt die langjährige Erfahrung von EGS zur Geltung. Die zweite Seite der Werkstücke wird in einer zweiten Maschine bearbeitet, einer Brother Speedio S700. Auch hier erfolgt die automatische Beladung seitlich durch eine spezielle Beladeluke. Die Bearbeitung der zweiten Seite ist weitaus weniger umfangreich und dauert daher deutlich kürzer und erfolgt hier einzeln. Da die erste Maschine für den Anlagentakt bestimmen ist, müssen aus dieser immer direkt nach Bearbeitungsende die vier bearbeiteten Werkstücke entnommen und vier neue Rohteile eingelegt werden. Zur Zwischenablage für die Halbfertigteile dient eine kombinierte Ablage- und Wendestation mit vier Werkstückaufnahmen. Hier legt der Roboter die Bauteile auf und holt sie gewendet zur Beladung der zweiten Maschine wieder ab. In beiden Maschinen werden die Bauteile nach der Bearbeitung und vor dem Entnehmen mittels einer Blasdüse, die am Roboterwerkzeug angebracht ist, weitestgehend vom Kühlschmiermittel befreit, um eine unnötige Verschleppung zu vermeiden.
Nach erfolgter Bearbeitung muss auf jedem Bauteil noch ein Datamatrix Code aufgebracht werden. Als Anlagenhersteller ist EGS Automatisierungstechnik für die Einhaltung der Lasersicherheit verantwortlich. Dies wird durch entsprechende Schutzeinrichtung am Greifwerkzeug realisiert sowie entsprechender Sensorik, die sicher überwacht, dass der Laser nur arbeiten kann, wenn die Schutzabschrankung den Kennzeichnungsbereich sicher abdeckt. Während der Beschriftung wird das Werkstück vom Roboter sicher und genau in Position gehalten, die entstehenden Dämpfe werden abgesaugt. Der aufgebrachte Code enthält die Information zum Fertigungsdatum sowie eine fortlaufende Nummer. Nach erfolgter Kennzeichnung legt der Roboter das Fertigteil zurück in einen Werkstückträger, der im Palettiersystem SUMO Ecoplex2 auf einen Fertigteilstapel abpalettiert wird und dort vom Bedienpersonal je nach Verfügbarkeit entnommen werden kann. Die Werkstückträgerstapel der Roh- und Fertigteile werden an einer Bedienseite der Anlage aufgestellt und entnommen. Es besteht die Möglichkeit diese an anderer Stelle vorzubereiten und von einem speziellen Wagen ergonomisch auf das Band überzuschieben. Die Anlage läuft grundsätzlich bis zu 12 Stunden autark, es können aber auch jederzeit zwischendurch vorhandene Fertigteile entnommen oder neue Rohteile eingebracht werden.